Was bedeutet Aufsichtspflicht für Lehrkräfte in NRW?
Lehrkräfte sind verpflichtet, Schülerinnen und Schüler vor Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum zu schützen, soweit dies zumutbar ist. Die Aufsichtspflicht dient
dem Schutz der Kinder und Jugendlichen und der Wahrung der Ordnung in der Schule.
Rechtliche Grundlage:
§ 3 Schulgesetz NRW (SchulG NRW) – Bildungs- und Erziehungsauftrag
§ 57 SchulG NRW – Aufgaben der Lehrerinnen und Lehrer
Runderlass des MSB NRW vom 23.05.2012 – „Aufsicht“ (BASS 12-08 Nr. 2)
Müssen sich Schüler ständig beobachtet fühlen, um von einer Aufsicht zu sprechen?
Nein. Es genügt nicht nur die tatsächliche Beaufsichtigung, sondern auch das Bewusstsein der Schülerinnen und Schüler, dass sie beaufsichtigt werden oder sein könnten. Das subjektive „Gefühl der Beaufsichtigung“ ist ein entscheidender Aspekt der präventiven Wirkung der Aufsichtspflicht.
Rechtliche Grundlage:
Runderlass des MSB NRW – Aufsicht (BASS 12-08 Nr. 2)
Rechtsprechung (z. B. OVG NRW, Az. 19 A 2903/96): Aufsicht muss nicht lückenlos sein, aber geeignet, unerwünschte Verhaltensweisen zu verhindern.
Dürfen Klassen auch einmal ohne direkte Aufsicht bleiben?
Ja, unter bestimmten Voraussetzungen. Ob eine Klasse kurzfristig ohne direkte Aufsicht bleiben darf, liegt im pädagogischen Ermessen der Lehrkraft. Hierbei sind Alter, Reife, Sozialverhalten und die Gruppendynamik zu berücksichtigen. Besonders bei vertrauenswürdigen, älteren Schülergruppen kann ein temporäres Alleinlassen verantwortbar sein.
Rechtliche Grundlage:
Runderlass „Aufsicht“ (BASS 12-08 Nr. 2, Ziffer 3): „Art und Umfang der Aufsicht richten sich nach Alter, Reife und Situation“
§ 57 SchulG NRW – Erziehungsauftrag und pädagogische Verantwortung
Was bedeutet „pädagogisches Ermessen“ im Zusammenhang mit Aufsicht?
Das pädagogische Ermessen erlaubt es der Lehrkraft, die Umstände individuell zu bewerten: etwa ob eine vertrauenswürdige Klasse für wenige Minuten unbeaufsichtigt im Raum bleiben kann. Dabei müssen die Risiken realistisch eingeschätzt werden. Ein Verzicht auf unmittelbare Aufsicht ist nur dann zulässig, wenn keine konkrete Gefährdung besteht.
Rechtliche Grundlage:
Runderlass „Aufsicht“ (BASS 12-08 Nr. 2)
OVG NRW, Beschluss v. 21.08.1997, Az. 19 A 2903/96
§ 3 SchulG NRW – Verantwortung für Erziehung, Bildung und Betreuung
Gibt es Unterschiede in der Aufsichtspflicht je nach Schulform oder Altersstufe?
Ja. Die Aufsichtsintensität nimmt mit dem Alter und der Reife der Schülerinnen und Schüler ab. In der Grundschule ist eine engmaschigere Aufsicht erforderlich als z. B. in der Oberstufe eines Gymnasiums. Dennoch bleibt auch in höheren Klassen eine angemessene Aufsichtspflicht bestehen.
Rechtliche Grundlage:
BASS 12-08 Nr. 2 – Runderlass „Aufsicht“, Ziffer 3
SchulG NRW § 3 und § 57
Wer trägt die Verantwortung bei Verstößen gegen die Aufsichtspflicht?
Grundsätzlich haftet das Land NRW für Schäden, die durch schuldhaftes Verhalten von Lehrkräften im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit verursacht wurden. Im Falle grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz kann jedoch ein Regress gegenüber der Lehrkraft erfolgen.
Rechtliche Grundlage:
§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG – Amtshaftung
Landeshaftungsgesetz NRW
Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) § 48 – Schadensersatzpflicht
Wie wird Aufsicht bei außerunterrichtlichen Aktivitäten geregelt (z. B. Klassenfahrt)?
Bei Schulfahrten oder Wandertagen gelten erhöhte Anforderungen an die Aufsicht. Es muss eine kontinuierliche Überwachung erfolgen, wobei auch hier Alter, Zielort und Risikoaspekte einzubeziehen sind. Das pädagogische Ermessen bleibt bestehen, wird aber durch organisatorische Vorgaben ergänzt.
Rechtliche Grundlage:
BASS 12-08 Nr. 2 – Aufsicht
BASS 14-12 Nr. 2 – Schulfahrten Erlass NRW
§ 57 SchulG NRW